August 1985 - August 1980
Während andere TU-Absolventen darüber berichten, dass sie viele Angebote von Firmen bekommen, kann ich mich nur auf zwei erinnern. Auf ein Angebot von Siemens, wo ich mich auch informiert habe (der Treffpunkt war in einem Restaurant im Künstlerhaus) sowie eines von der Bundesversuchsanstalt Arsenal, wo zwei Stellen angeboten worden sind: ein Stelle für die Arbeit mit Mikrocontrollern und eine Stelle für Arbeiten in der Eisenbahnelektronik. Ja, Mikrocontroller, das hätte mir gefallen, wäre das doch eine direkte Fortsetzung meiner Arbeiten am Institut für Messtechnik gewesen aber diese Stelle war schon vergeben, ich nahm daher die Eisenbahnelektronik, nicht genau wissend, was mich da erwartet. Schließlich sollten am Ende doch noch Mikrocontroller Thema meiner Arbeiten werden und zum Ausgangspunkt meiner späteren Tätigkeit als Lehrer. Ich habe aber durch diese zufällige Entscheidung das weitaus bessere Fachgebiet gewählt, weil es viel mehr an Grundlagenwissen bot, was ich später als Lehrer gut anwenden konnte. Eine Chronologie dienstlicher Ereignisse findet sich hier.
Mein Dienstbeginn war im August, einfach weil Silvia und ich im Juli noch einen Urlaub verbrachten. Prompt war ich der dienstjüngere von uns zwei Technikern, denn Johannes Hartberger, mein ständiger Arbeits-Kollege während dieser Jahre, ist bereits einen Monat früher im Arsenal eingetreten. Man glaubt gar nicht, was solche Kleinigkeiten im Bundesdienst für eine Rolle spielen.
Bereits ziemlich am Ende meiner Tätigkeit im Arsenal, 1981 war Johannes Hartberger der Trauzeuge bei unserer standesamtlichen Hochzeit "im kleinen Kreis" im Bezirksamt Favoriten, also nur das Brautpaar und die Trauzeugen. Das Hochzeits-Essen war im Restaurant Sechuan bei der Alten Donau. Wir waren die einzigen Gäste an diesem Nachmittag.
Der ArbeitgeberDie BVFA (Bundesversuchs- und Forschungsanstalt Arsenal) Eintragung im aeiou-Lexikon. gehörte organisatorisch zum Bautenministerium und wir waren Vertragsbedienstete, später auch Beamte. Der Leiter der BFVA war Dipl.-Ing. Schausberger, später Dipl.-Ing. Hüttner.
Das Arsenal bestand aus mehreren Versuchsanstalten, darunter der ETVA (Elektrotechnische Versuchsanstalt) die Fahrzeugsversuchsanlage mit dem Windkanal (Nachfolger Klima-Wind-Kanal-Wien) und anderen Versuchsanstalten, die ich weniger kannte. Der Gesamtleiter oder Leiter der Fahrversuchsanlage war Schausberger. Am Gelände gab es auch noch andere Institute wie das Holzforschungsinstitut und die Schweißtechnische Zentralanstalt.
Die ETVA (Elektrotechnische Versauchsanstalt, später ETI Elektrotechnisches Institut), Leitung Hofrat Böhm, vorher Hofrat Wagner, bestand aus mehreren Abteilungen, darunter die Eisenbahnelektronik (das waren wir), die Elektronik (Leiter Franz Oismüller), Werkstoffprüfung? (Kuhl), Hochspannungstechnik (Hauer und Göß), die Sicherheitsprüfstelle (ÖVE Zeichen, Goldberger, Mitarbeiter Kerner und Mitterer). Als die ETVA geschlossen wurde, hat Mitterer im TGM Leuchten und Kleingeräte weitergeprüft. Wunderer und Schönhofer haben Batterien, Lusterklemmen etc. getestet. Wunderer wurde mit 40 Jahren Dipl.-Ing. und arbeitete in einem internationalen Gremium für das Arsenal bis zur Pension und hat alle Schließungen überlebt.
Unsere Abteilung, die Eisenbahnelektronik hatte darüber hinaus auch so etwas wie einen Aufsichtsrat (eine Arbeitsgruppe der ORE, Utrecht = Forschungs- und Versuchsanstalt der europäischen Eisenbahngesellschaften), der die Arbeit von uns zwei Technikern koordinierte. Das Problem, das mein Chef zu lösen hatte, dass möglichst jeder Arbeitsmonat "verkauft" war. Verkauft meist an die ORE selbst oft aber auch an Modemfirmen, die eine Prüfung ihrer Geräte auf diese Weise bezahlen mussten, in einem Fall war der Auftraggeber auch die ÖBB.
Einer dieser ORE-Aufsichtsräte war Zentralinspektor Tögel, ein Gönner meines Vorgängers Eckl. Tögel ist auf einer Dienstreise in der Bahn tödlich verunglückt. Weitere ORE-Direktoren waren Makala und Karczewski, Polen und Grassl, ÖBB.
Die ORE-Arbeitgruppe tagte halb- oder ganzjährig (so genau weiß ich das nicht mehr) in Wien und beriet über die Einsatzgebiete dieser zwei Techniker. Das scheut ein bisschen aufgebläht aus (war es auch) aber es wurden auch die Tätigkeiten des Windkanals koordiniert. Diese Herren waren es normalerweise gewöhnt, über die Arbeiten sehr vieler Bahnbediensteter zu entscheiden aber in diesem Fall waren es eben nur zwei. Die von ihnen angewendeten Techniken waren aber so, als teilten sie eine Art routinemäßige Arbeit ein, wie zum Beispiel die eines Verschiebers oder Lokführers bei der Bahn, dessen Tätigkeiten bis auf die Minute genau bekannt waren. Das hat zu kuriosen Situationen geführt, dass Direktor Tögel exakt die Zeiten erfasst hat, die ein Messpunkt in einem Protokoll in Anspruch genommen hat und er schließlich errechnet hat, dass ein solches Protokoll eigentlich in einer Woche fertig sein müsste.
Bei diesen halbjährlichen Sitzungen musste auch bewirtet werden. Ein abschließendes Abendessen oder ein Heurigenbesuch waren obligatorisch. Meine Aufgabe war es, diese Dinge zu organisieren. So lernte ich auch Lokale kennen, die ganz abseits meiner persönlichen finanziellen Möglichkeiten lagen. Ich erinnere mich an die Rauchkuchl, das Steirer-Eck, die Gösser Bierklink und andere.
Ein lustiges Erlebnis hatten wir im Zwölf-Apostel-Keller. Als nach dem Wein das Essen serviert wurde, brachte man zuerst eine Holzplatte mit einem großen Haufen Kren und einigen anderen Beilagen. Einer der offenbar total ausgehungerten Direktoren hatte den Eindruck, als wäre das schon die Hauptspeise und belegte sein Brot rasch mit viel Kren (um ja nicht zu kurz zu kommen). Und dieser Kren war von der Sorte "frisch gerieben", also sehr scharf. Bevor ihn noch jemand warnen konnte, rannten ihm schon die Tränen über die Wangen. Dass der Kren nur als Beilage gedachte war, wurde durch die riesige Schlachtplatte aufgeklärt, die kurz danach am Tisch serviert wurde.
Heute bestehen alle diese Institute an diesem Standort nicht mehr. Der Nachfolger, Arsenal Research, hat mit den damaligen Arbeitsgebieten nichts mehr am Hut, nur mehr den Namen "Arsenal". Die einst berühmte Modemprüftechnik, die Sicherheitstechnik sind unerwähnte Dinge aus der Vergangenheit, die dornröschenhaft im Rahmen dieser Schilderung erwähnt werden.
Aufgabengebiet und FinanzierungEs ging um die Messtechnik an Modems. Welche Fehlerraten solche Geräte auf künstlichen und auf realen Leitungen aufweisen. Auftraggeber waren die Modem-Hersteller, die ihre Geräte an die Eisenbahnen verkaufen wollten. Und die Eisenbahnen bestanden auf einer Abnahmeprüfung im Arsenal. Das war unser "Geschäftsmodell". Ein bisschen konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass man viele dieser Aufträge einfach auch erfunden hat (oder wenigstens ausgebaut hat) damit die beiden Beamten, die dort im Arsenal auf Planstellen saßen, etwas zu tun haben.
Aber das änderte nichts daran, dass die Messungen sehr interessant und lehrreich waren und ich eine Gerätekategorie, die Modems, kennen lernte, die heute jeder, damals aber nur die Spezialisten in den Rechenzentren kannten.
Das Zentrum der Abteilung war eine Leitungssimulation, die (glaube ich) an der TU-München entwickelt worden ist und mit deren Hilfe alle Modems einheitlichen Tests unterzogen worden sind. Man konnte mit dieser Messeinrichtung die verschiedenen Fabrikate bewerten und mit den Messergebnissen eine Entscheidungsgrundlage für die Beschaffung gewinnen.
Die Messvorschrift war die ITU-Empfehlung V.56, die über den Link im Originaltext downgeloadet werden kann. Diese Messvorschrift wurde von meinem Vorgänger Klaus Eckl, meinem späteren Lehrerkollegen am TGM bei der ITU in Genf eingebracht und wurde von dem dortigen Gremium verabschiedet. Diese Empfehlung war meine tägliche Arbeitsgrundlage und war eine internationale Norm zur Prüfung von Modems über Fernsprechleitungen. Diese Empfehlung hat denselben Rang wie auch Modem-Bauvorschriften oder auch die Empfehlung für den ASCII-Kode.
Eigentlich hätte dort, in der ETVA eine Art Gedenkstein stehen sollen, wo diese Leistung, nämlich die Etablierung dieser ITU-Empfehlung durch Mitarbeiter dieser Abteilung, gewürdigt worden ist. So ist mir das aber erst viel später bewusst geworden, was mein Vorgänger Klaus Eckl dort in Genf für die Modemprüftechnik im Allgemeinen und die Stellung Österreichs geleistet hat. Diese Empfehlungen regeln alles, was in der Zusammenarbeit von EDV-Systemen von Bedeutung ist. Auch der ASCII-Kode, auf dem die gesamte moderne EDV beruht, ist eine dieser Empfehlungen, nur um sich die Bedeutung eines solchen Regelwerks vor Augen zu führen.
Jede Firma würde das tun, nämlich ihre besonderen Leistungen in ihren Räumlichkeiten darstellen. Nichts von alledem in der ETVA. So kam es zu einem merkwürdigen Gespräch zu dem mich Direktor Böhm nach meiner ersten Fahrt nach Genf, bei der er mich, den Newcomer, zu dieser Reise befragt hat. Was wir denn dort tun würden, welchen Sinn das hätte. Ich konnte ihn von der großen Hochachtung berichten, die uns als österreichische Delegation entgegengebracht wurde. Viele sprachen uns direkt an und fragten über den Verbleib von "Monsieur Eckl". Ich hatte den Eindruck, dass mein Chef, Dr. Sethy auch noch nicht in diesem Gremium war und hauptsächlich Klaus Eckl diese Dienstreisen absolviert hat.
Hier wurde von einem Österreichischen Institut ein Stück Technologiegeschichte geschrieben und nicht einmal im Institut selbst wusste man davon. Ich selbst war deutlich zu kurz in dieser Sache beschäftigt, um mich damals als Spezialisten dafür bezeichnen zu können.
Der StandortDie Eisenbahnelektronik war zu Beginn meiner Tätigkeit als Untermieter im ersten Stock des Holzforschungsinstituts untergebracht. Als aber die Räume benötigt wurden, übersiedelten wir in das Erdgeschoß der ETVA (Elektrotechnische Versuchsanstalt), zum großen Rauchfang.
Die MitarbeiterDas Team der Abteilung "Eisenbahnelektronik" bestand aus dem Chef, Dr. Andreas Sethy, Elektrotechniker, eher aber Diplomat, einer Sekretärin, Herrn Ing. Rudolf Apflauer, Techniker, der bei allen Messungen beteiligt war und bei den Messungen und bei der Herstellung von Messeinrichtungen half. Schließlich gab es noch zwei Sachbearbeiter, Dipl.-Ing. Johannes Hartberger, dessen Spezialgebiet die "Eisenbahnsicherungstechnik" war und ich, mit dem Spezialgebiet "Modemprüftechnik". Natürlich ist am Anfang niemand ein Spezialist und das bekam ich auch durch einen temporären Mitarbeiter, einen Ungarn, Dipl.-Ing. Büki zu spüren, der sich gewundert hat, wie wenig man auf einer österreichischen Uni über Datenübertragung vermittelt bekommt. Ja, es stimmt, eigentlich gar nichts. (Hängt aber sicher auch von der Art der Wahlvorlesungen ab.) Man bringt daher kein (Modem-)Wissen mit und muss sich alles einmal erarbeiten. Ich habe mich natürlich gleich mit einschlägigen Büchern eingedeckt und einiges aufgeholt.
Johannes Hartberger und ich saßen Schreibtisch an Schreibtisch im Erdgeschoß, Dr. Sethy war mit der Sekretärin im ersten Stock. Dort befand sich auch das Büro vom Leiter der ETVA, Dr. Böhm mit zwei Sekretärinnen, Frau Tribsch und Frau Nikodym.
Es gab im Hause mehrere Abteilungen, darunter Hochspannungsabteilungen, geleitet von DI Göß und DI Hauer. Es gab auch einen DI Kuhl, einen sehr netten hageren älteren Herrn, zu dem ich - wie auch zu den anderen - aus Gründen der fachlichen Distanz wenig Kontakt hatte. Weil wir aber mit unserer Erdgeschoß-Lage eine Art "Hausmeister"-Funktion hatten, sahen wir genau, wann, wer kam. Herr Kuhl kam immer spät (blieb aber auch bis in den Abend im Haus) und er kam immer mit einem Taxi.
Der AlltagIch wohnte zu dieser Zeit mit Silvia in Simmering auf 33 Quadratmetern und baute in der Anfangszeit die Wohnung amateurmäßig aus. Entweder fuhr ich mit der Straßenbahn 6 bis zur Geiereckstraße und ging dann ein Stück zu Fuß oder ich fuhr mit dem Rad über den Kanal und dann unter der Südosttangente. In diese Zeit fiel die Fertigstellung des Abschnittes der Tangente zwischen Favoriten und Simmering und eines Tags war dann die sehr schöne Radtour durch die Baustelle blockiert. Meist fuhr ich dann mit dem Auto, einem VW-Käfer, den ich von meinem Diplomarbeitsbetreuer Gustav Belousek gekauft habe.
Ich schätzte die Möglichkeit, früh mit der Arbeit beginnen zu können, weil ich dann schon um 16 Uhr zu Hause war und ich mit Silvia mit dem Klapprad eine Fahrt in der Lobau machen konnte oder auf die Donauinsel zum Schwimmen gehen konnte. Auch der Bau der Donauinsel fiel in diese Zeit und der Abschnitt Lobau war damals schon fertig und wir nutzten diese Gelegenheit oft. Die Dichte der Badegäste war damals viel größer als heute (scheint uns wenigstens). Ich erinnere mich an die täglichen Erscheinungen des Wanderpredigers Ludwig Weinberger, genannt "Waluliso", der diese Naturnähe zum Programm erhoben hat.
Es gab im Arsenal drei Möglichkeiten zu Mittag zu essen. Ich selbst war selten essen. Einerseits gab es bei den Kleingärten Richtung Simmering einen Würstelstand, der aber später im Zuge der Einzäunung des Geländes nicht mehr auf kurzem Weg zugänglich war, dann in einem neu errichteten Block einer anderen Versuchsanstalt eine kulinarische Eigeninitiative und schließlich gab es auch noch die Küche des nahe gelegenen FZA (Fernmeldetechnisches Zentralamt).
Der ChefDer Leiter unserer Abteilung war Hofrat Dr. Andreas Sethy. Ungarischer Aristokrat, Doktor der Politikwissenschaften, Ingenieur für Elektrotechnik, Grundbesitzer im Waldviertel, Jäger, mit leichtem ungarischen Akzent, gesellig, autoritär. Er ist jetzt, nach seiner Pensionierung, zum Schriftsteller geworden und publiziert fast jedes Jahr ein Buch. Literaturliste Sethy.
Damals, im Arsenal bewegte er sich gerne im Kreis von Wissenschaftlern und das führte auch zu einem gewissen Ansehen der Abteilung in diesem Kreis. Es bestand aber ein Widerspruch zwischen der Art unserer Tätigkeiten und dem Bild, das er über unsere Abteilung verbreiten wollte. Es hätte da ein Mehr an eigener Anstrengung bedurft, das eine oder andere Projekt wissenschaftlich zu vertiefen.
Dass die Abteilung zwei übergeordnete Institutionen hatte, das Arsenal und die Ore machte seine Tätigkeit nicht gerade leichter. Es gab die Verpflichtung, die Abteilung eher nach kaufmännischen als nach fachlichen Kriterien zu führen. Jeder Arbeitsmonat musste verkauft werden und das führte leider zu dem Gefühl, dass aus all diesen Projekten fachlich mehr herauszuholen gewesen wäre als nur diese bezahlten Projektmonate.
Was man an der Führung (eher der ETVA) bemängeln kann, ist die fehlende Kontinuität in der Betreuung der Fachgebiete. Dass man als junger Techniker sich die Grundlagen zu seinem Fachgebiet selbst erarbeiten musste ohne dass es da ein Team gegeben hätte, welches für die Weitergabe des Wissen sorgt und neues Know-How aufbaut. So kann man einen zielorientierten Forschungsbetrieb nicht führen.
Ein Blick auf die aktuelle Homepage des "Arsenal Research", dem Nachfolger der damaligen Versuchsanstalten zeigt, dass diese damals mit viel Elan aufgebauten Fachgebiete und das Fachwissen verschwunden sind. Dass sich aber eine aktive Fortführung durchaus gelohnt hätte, sieht man etwa daran, dass es mittlerweile eine Empfehlung V.56bis und V.56ter gibt, die auf die Prüfanforderungen der modernen Modems eingehen.
AuslandsfahrtenEin Drittel des Jahres war man unterwegs. Die folgende Karte zeigt in etwa, wo.
In vielen dieser Orte war man mehrfach.
Der ModemprüfstandDer Modemprüfstand war der "heilige Gral" der Abteilung. Es war eine Sammlung von Nachbildungen typischer Telefonleitungen und deren Störungen. Er wurde von Dr. Heidner an der TU München, Institut für Nachrichtentechnik, Professor Hans Marko entwickelt. Seine Wissensquelle war ein gewisser Gupka (sehr gescheiter und netter Inder) oder ähnlich, Mitarbeiter von Siemens München. Marko hatte 20 Assistenten in Projekten beschäftigt, deren Arbeiten schließlich in Doktoraten endeten. Den Datentester für "höhere" Modemgeschwindigkeiten hat auch er dem Prüfsender von Siemens 511 Bit Prüfmuster, nachgebaut, empfunden. Das Patent der Datenübertragungsmessplatzes hat Firma Krone Berlin /(gibts auch in Österreich) gekauft und ihn nachgebaut. Firma Krone dürfte nicht mehr existieren.
Diesen Datenübertragungsmessplatz konnte man bei Firma Krone, Berlin kaufen. Krone hat das Patent erworben. Die ORE hat diesen Messplatz gekauft, mit dem Ziel, die im Telefonnetz der Eisenbahnen zu Einsatz kommenden Modems auf diesem Prüfplatz messen zu lassen.
Hier findet man den Originalprospekt dieses Krone-Messplatzesm gescannt von Klaus Eckl.
Tatsächlich wurden dann auf dem Messplatz viele Modems der Klassen 1200, 2400, 4800 und 9600 Bit/s geprüft. Während meiner Dienstzeit wurden nur noch Geräte der Klasse 9600 bit/s geprüft.
Diese Modemprüfvorschrift war auch die Grundlage für die CCITT-Empfehlung V.56, deren Werdegang hier beschrieben wird.
ModemprüfungWenn eine Eisenbahngesellschaft ein Modem zum Einsatz brachte, wurde es zuerst in der bahneigenen Versuchsanstalt, im Arsenal geprüft. Und für dieses Spezialgebiet war die Abteilung "Eisenbahnelektronik" mit den einschlägigen Messeinrichtungen ausgerüstet. Die Kosten für diese Prüfung übernahm der Modem-Hersteller. Die Kosten entsprachen etwa jenen eines Mannmonats (ca. 50.000,- Schilling, wenn ich mich recht erinnere).
Die "Gründerzeit" der Modemprüftechnik war vorbei, die Geräte der 1200 und 2400-Bit/s-Klasse waren alle geprüft worden. Aber es gab einen neuen Star am Technologiehimmel, die Geräte der Klasse 9600 Bit/s. Wir haben vielleicht acht Geräte dieser Klasse geprüft.
Die Qualität dieser Messungen ist wesentlich abhängig vor der Qualität der Rauschquelle und von der Zeit, die man für diese Messungen aufwendet. Es ist zum Beispiel nicht möglich, zu sagen, dass man für einen Messpunkt eine Minute aufwendet. Das kann bei einer hohen Fehlerrate ausreichend sein, kann aber bei geringer Fehlerrate viel zu kurz sein. Man muss definieren, wie viele Fehler, man in welcher Zeit beobachtet hat. Zum Beispiel mindestens 10. Mit steigendem Störabstand sinkt die Fehlerrate und steigt die Messzeit.
Eine solche Messung bescherte mir auch eine außergewöhnliche Auslandsfahrt nach Paris, weil die geprüfte Firma TRT (das Gerät war ein Sematrans-Modem) darauf bestanden hat, dass ein bestimmter Störabstand bei ihnen keinen Fehler produzierte, in unserem Protokoll sehr wohl. Ich bin mit viel Bauchweh nach Paris gefahren, weil diese Messungen ja an den beiden Orten mit verschiedenen Rauschquellen durchgeführt werden, wo kleine Unterschiede in der Bandbreite schon Unterschiede beim Messergebnis zur Folge haben können. Nun, die Erleichterung war aber groß, dass zwar nach einer Minute kein Fehler aufgetreten ist, dann aber nach 10 Minuten doch und wir haben uns in Wien viel Zeit dafür gelassen. Die entsprechende Messanweisung enthielt keinen Hinweis für eine bestimmte Beobachtungszeit. Der Erfolg war insgesamt groß und zwar einfach, weil die dortigen Ingenieure sahen, dass wir die Messungen sorgfältig durchgeführt haben und mit ihnen auf Augenhöhe diskutieren konnten und mit der Versicherung, dass auch alle anderen Mitbewerber mit derselben Messzeit bedacht worden sind, wurde seitens des Herstellers das Ergebnis akzeptiert. Im Zuge dieser Messfahrt wurde ich auch zu einem Mittagessen eingeladen. Als einziger bestellte ich eine Zwiebelsuppe, die leider so heiß war, dass sich die Messungen am Nachmittag um fast eine Stunde verzögert haben.
Was mir noch von den dortigen Labors in Erinnerung ist, wie diszipliniert (und auch ein bisschen autoritär) die Entwicklungsabteilung geleitet wurde. Es waren übrigens dieselben Techniker, die auch in Genf bei den Sitzungen anwesend waren.
Firma T.R.T. und die Modemmarke Sematrans gibt es nicht mehr; überrollt von der Globalisierung, so, wie bei uns Kapsch und Schrack in ihrer ursprünglichen Form.
LeitungsprüfungDie Eisenbahnen planten den Einsatz von 9,6-kBit/s-Modems und unsere Abteilung sollte die vorhandenen Modem-Erfahrungen einbringen. Man definierte Strecken Wien - Warschau, Rom - Luzern und Nottingham - Oostende und Paris - Frankfurt. Zwischen diesen Endstellen wurde mit den verfügbaren Modems eine Bit- und Blockfehlerratenmessung durchgeführt.
Der Vorteil der einheitlichen Ausführung durch eine Stelle war natürlich, dass die Messeinrichtungen immer dieselben waren und man die Berichte auch vergleichen konnte.
Geleitet wurde dieses Projekt vom Franzosen Gourdon, Eisenbahndirektor, eher aristokratisch, sehr korrekt, sympathisch. Man muss bedenken, dass er diese Projektleitung nur zusätzlich zu seinem eigentlichen Eisenbahngeschäft betrieben hat. Uns direkt zugeteilt wurde ein älterer Mitarbeiter, Herr "Teullet", zu dem wir im Laufe der vielen Messungen und gegenseitigen Besuche ein fast freundschaftliches Verhältnis aufgebaut haben. Es war immer wieder ein kleines Abenteuer, mit dem kleinen Bisschen Schulfranzösisch, mit ihm Termine zu vereinbaren oder Hotels zu bestellen.
Die Strecken wurden mit definierten Pegelwerten über längere Zeiträume im Bezug auf die Bit- und Blockfehlerrate untersucht, wobei sich bei der Blockfehlerrate das Modulationsverfahren und das Scrambling der Daten schön gezeigt hat. (Einzelne Bitfehler, die dann auch einen Blockfehler zur Folge haben, gibt es nicht, weil bei der Modulation ein Phasenfehler u.U. mehrere Bits verändert und beim Scrambling jeder einzelne Fehler verdreifacht wird.)
Wir sind ganz schön herum gekommen. Jede Endstelle wollte ja besetzt werden.
Unsere erste Messung war in Paris. Insgesamt habe ich in Paris mein Französisch perfektioniert. Der erste Tag hinter dem Gare de l'Est war eine sprachliche Herausforderung. Ich kannte diese Pegelangaben dBm, dBmO, dB und was es da noch alles gab, ja nicht einmal in deutsch ordentlich und dann erst in Französisch. Man muss auch bedenken, dass ich nie vorher eine reale Fernmeldezentrale von innen gesehen habe und über die korrekten Bezeichnungen in Deutsch und Französisch ziemlich unbelegt war. Aber mit Hilfe eines zufällig anwesenden elsässischen Fernmeldemitarbeiters, der gut Deutsch sprach, wenn auch in einem witzigen Mischmasch mit Französisch, haben wir innerhalb des ersten Vormittags alle diese Hürden genommen. Schließlich hätten diese Techniker ohne unsere Anwesenheit mit der Gegenstelle in Frankfurt auch so ihre liebe Not gehabt, denn es ging nicht um eine Verbindung an sich sondern um eine Verbindung mit genau definierten Pegelwerten, die im realen Betrieb nicht eine so zentrale Rolle haben. Da aber Kollege Hartberger in Frankfurt war, haben wir uns bald soweit arrangiert, dass dann die eigentliche Messung, bei der man ja gar nichts zu tun hat, außer eben zu warten und von Zeit zu Zeit zwei Messwerte zu notieren, problemlos über die Bühne ging. Wichtig war immer nur die korrekte Wahl des Sendepegels der Modems. Dieser Wert ist nun keineswegs immer derselbe, denn er hängt wesentlich von den Eigenschaften der Anschlussstellen der Fernmeldeeinrichtung ab und kann nur in Absprache mit dem Personal korrekt festgelegt werden.
Witzig war, dass bei diesen Arbeiten die Rivalität zwischen den Franzosen und den Deutschen, was die eigene Kompetenz und die Inkompetenz des jeweils anderen anlangt, bei jeder Messstelle dieselbe war, nur halt in einer anderen Sprache ausgesprochen wurde. Aber beide Teams waren überaus hilfsbereit, freundlich, immer ein bisschen chauvinistisch, fast schon lustig für einen Außenstehenden, niemals aber beleidigend. Die freundschaftliche Annäherung der Staaten der EWG konnte man gut beobachten. Sehr lehrreich das alles.
Silvia und ich sind mit einem VW-Käfer nach Paris gefahren. Das allein war schon ein Abenteuer. Das Auto stand am Kanal St. Martin, der beim Ostbahnhof vorbeiführt, im Parkverbot. Eine Woche lang. Kein Problem dort. Wir wohnten in einem ganz kleinen Hotel in Bahnhofsnähe (Heute ist in diesem Block ein IBIS-Hotel), das keinen Frühstücksraum hatte. Wir bekamen daher das Frühstück im Zimmer serviert. Die besten Croissants, die ich je gegessen habe. Das Spannende waren aber die Tage der Messung, weil Silvia mit ihrem geringen Sehvermögen sich in der Stadt bewegen wollte. Wir haben das so eingerichtet, dass wir am Wochenende in Paris angekommen sind und dann führte ich Silvia durch die Stadt, zeigte ihr die Struktur. Sie hat an jedem der Wochentage die Stadt zu Fuß durchstreift, war in den großen Kaufhäusern, obwohl sie auch damals schon sehr schlecht gesehen hat. War eine tolle Leistung und sicher sehr gefährlich und riskant.
Wir haben diese Reisen immer so angesetzt, dass wir auch ein Wochenende in einer dieser Städte verbringen konnten. Oft sind wir mit dem Wagen gefahren, um die Bahnkosten zu sparen. Aber wir sind oft auch geflogen, um zusätzliche Freizeit zu gewinnen.
Speziell der Bahnhof von Oostende mit den nervenden Tonbandansagen ist mir in Erinnerung. Das hätte man dokumentieren sollen. Nach Oostende sind wir immer mit dem Zug gefahren.
Das Abenteuer war die Überwindung der lokalen Hindernisse in den Fernmeldezentralen. Die eigentliche Entwicklungsarbeit war die Erarbeitung eines einheitlichen Protokolls, das für den Vergleich geeignet war.
Erwähnenswert ist noch, dass wir die Messeinrichtungen (das waren Bitfehlerraten-Prüfgeräte) in unserem Handgepäck mitführte. Damals war das alles zollpflichtig und man muss für dieses Geräte ein so genanntes "Carnet" am Wiener Zollamt ausstellen lassen. Dieses Carnet wurde bei Grenzübertritt vom Zöllner abgestempelt. Bei Flügen war das einfach, da erfolgte die Kontrolle am Flughafen, ebenso bei Autofahrten gab es kein Problem. Bei Bahnfahrten aber passierte es gleich bei der ersten Fahrt nach Rom, dass man mir das Gerät mit Koffer in Tarvis abgenommen hatte und ich fuhr ohne Messgerät nach Rom. Nur durch hartnäckiges Nachfragen der unglaublich hilfsbereiten römischen Kollegen konnte dann das Gerät irgendwo aufgetrieben werden.
Automatische KupplungDie gesamteuropäische Einführung einer automatischen Kupplung war ein Dauerthema bei der Bahn. Meine Vorgänger haben in dieses Fachgebiet viel Arbeit investiert und bereits sehr viele Messungen abgewickelt. Eine Messung sollten wir noch durchführen. Ich sollte das machen, gemeinsam mit Kollegen Kurt Apflauer. Leider war niemand da, der uns die Grundlagen dieser Messungen hätte vermitteln können. Natürlich kann man sich das alles von Grund auf erarbeiten - aber nicht in ein paar Tagen. So viel geschwommen bin ich noch nie, es war nicht "mein Gebiet". Ich erinnere mich mit Schrecken an winterliche Testfahrten zwischen München und Freilassing und mit noch mehr Schrecken an die Auswertungen, die ich in Anlehnung an vorhandene Protokolle durchgeführt habe.
EisenbahnsicherungstechnikEinige Monate durfte ich auch diese Techniken von Eisenbahnsicherungseinrichtungen kennen lernen. Diese Arbeitsgebiet wurde aber durch meinen Kollegen Hannes betreut, der sich großes Spezialwissen in diesem Gebiet erarbeitet hat. Es bescherte uns eine Dienstreise nach Enns, wo ein Schweizer Hersteller seine Anlage an einer Baustelle installiert hat. Wir konnten mit ihm über den Sicherheitsstandard der Anlage bis in die Details diskutieren. Die zentrale Frage für uns war, wie viele Fehler gleichzeitig auftreten müssen, damit die Anlage den Zug nicht richtig ankündigt.
ITU
Ich nahm einige Male in Begleitung meines Chefs, Dr. Sethy an Sitzungen der ITU (International Telecommunication Union), einer UNO-Teilorganisation teil, denn mein Vorgänger an meinem Arbeitsplatz, Klaus Eckl hat bereits vor mir die Empfehlung V.56 in diesem Gremium eingebracht. Diese Fahrten fingen gleich in meinem ersten Dienstjahr an und um ehrlich zu sein, mir war das für den Einstieg eine Nummer zu groß, beziehungsweise fehlten in meiner Ausbildung Elemente, die dieses Wissensgebiet abgedeckt hätten. Diese Fahrten kamen entschieden zu früh für mich. Ich wurde sozusagen ins kalte Wasser gestoßen. Besseres Englisch wäre nötig gewesen. Auffallend war aber die Wertschätzung, die der österreichischen Delegation, bestehend aus Hofrat Plappart von der Post, Dr. Sethy und mir, entgegengebracht wirde. Diese Wertschätzung kam vor allem von den Vertretern der französischen Firmenvertreter, von denen mir nur mehr die Namen "Mitrani" und . Diese Genf-Reisen waren mehr Ehre als Dienstreise. Es war eine Zuschussreise, bei der man einen Pauschalbetrag bekam aber keine realen Reisekosten abrechnen konnte. Die Folge: wir wohnten in ziemlich einfachen Quartieren, später dann auch in einem besseren Hotel. Ich hatte wirklich wenig Geld, bzw. wollte keines ausgeben und so saß ich dann am Wochenende im Hotel, während mein Chef die Zeit nutzte, um eine Fahrt zum MontBlanc zu unternehmen. Teilnahme an wissenschaftichen TagungenEs gehörte zum Weiterbildungsprogramm, dass man an Tagungen, die meist von befreundeten Instituten in Deutschland organisiert wurden, teilzunehmen. Die Teilnahme erfolge auf der Basis einer Zuschussreise, womit auch ein eigener Beitrag zur Weiterbildung eingefordert wurde. Mit sind Reisen nach Basen-Baden, Berlin und Aachen in Erinnerung. Auch im Kreis von Veranstaltungen an der TU-Wien nahmen wir teil, einmal bei einem Gastvortrag von Professor Heinz Zemanek. Tagung zum Anlass eines Bestandsjubiläums der Abteilung
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