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Franz
 

Großeltern Fiala

Wie viele Tschechen der damaligen Zeit war mein Großvater Antonín Fiala ein Handwerker, ein Schuster. Sein Geschäft war in der Erdbergstraße im 3. Bezirk, etwa auf der Höhe der Remise der Linie 18. Die Wohnung war in der Khunngasse im Fasanviertel. Die Großmutter Josefa war Bedienerin, Die Ehe war kinder- und entbehrungsreich. Man musste 1914 heiraten, denn Anton (1913) brauchte beide Elternteile. Nach dem Krieg wurden noch Josef (1919), mein Vater, Ludwig (1921) und Stefanie (1924) geboren.

Der Geburtsort des Großvaters Anton ist Stružky bei Pelhřímov. Hier eine Karte der Gegend. Von dieser Tschechischen Heimat meiner Großeltern weiß ich nur eines aus einer Erzählung meines Vaters, der diese Gegend wahrscheinlich auch nur aus Erzählungen kannte, da Reisen dorthin für die Familie zu kostspielig gewesen wären. Mein Vater wusste (natürlich auf Tschechisch) zu berichten, dass sein Großvater noch an hastrmany/Wassermänner geglaubt hat, die da aus den Teichen steigen. Wenn man die Südböhmische Teichlandschaft kennt, ist das durchaus nicht unglaubwürdig, dass einfache Leute hinter nachts leuchtenden, morschen Weidenbäumen im Nebel Gestalten vermuteten.

Das Haus in der Khunngasse im dritten Bezirk im Fasanviertel steht nicht mehr. Ich kann mich aber erinnern, dass ich als Kind ein oder zwei Mal in deren Wohnung war. Es war eine einfache Zimmer, Küche, Kabinett-Wohnung und das mit vier Kindern. Dazu kommt, dass das Kabinett untervermietet war. Vater Antonín hatte aber noch eine kleine Wohnung im Haus, in der er dem Schusterhandwerk nachging und wo er aus Platzgründen auch wohnte.

Aus Andeutungen in den Erzählungen von Herrn Hradil vermute ich, dass der Großvater die Familie und auch den Beruf ziemlich vernachlässigt hat und eher in Gasthäusern zu finden war als in seiner Werkstätte.

Die Wiener Tschechen wurden nach dem Hitler-Einmarsch danach gefragt, ob sie Tschechen oder Österreicher sind. Die Antwort entschied über die Einberufung zum Militärdienst. Ob das mein Großvater damals bei seiner Entscheidung berückischtigt hat, weiß ich nicht, jedenfalls wurden meine Großeltern und ihre Kinder als Österreicher eingetragen und daher mussten Anton und Josef zum Kriegsdienst. Anton hatte schon eine Braut, die Lisl. Josef war ledig. Anton ist im Krieg gefallen, mein Vater ist ohne Verletzung aus dem Krieg heimgekommen, ausgehungert, gertenschlank - wie man sagte.

Nach dem Tod meiner Großmutter Josefa konnte mein Großvater nicht mehr allein wohnen und lebte die letzten Lebensjahre in deren Gemeindewohnung am Bacherplatz. Das war auch der Grund dafür, dass mein Onkel eine etwas größere Gemeindewohnung bekam, denn ihre ursprüngliche Wohnung in der Baumgasse war kriegsbeschädigt.

Als Besitzlose waren die Fiala Opportunisten. Ihre Eltern waren noch sehr katholisch und kirchennah. Mutter Moravec wohnte und arbeitete am Rennweg im Haus neben der tschechischen Kirche. Vater Antonín waren Religion, Nationalität oder Partei nicht wichtig. Aber Versprechungen an eine große Zukunft ist er gefolgt und man kann ihn und wohl auch seine Söhne als Anhänger des Nationalsozialismus bezeichnen aber nicht im ideologischen Sinn, die Ideologie war ihnen egal, was zählte, war das Versprechen einer besseren Zukunft.

Das eigene Geschäft, das der Großvater nach dem Krieg in der Erdbergstraße erwarb, machte aus ihm noch keinen selbstbewussten Handwerker. 

Anton

Stefanie



Erbe






Updated on Aug 9, 2012 by Franz Fiala (Version 17)